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„Menschen brauchen Vielfalt und Optionen“

16.07.2021

Ein Jahr mit unerwarteten Wendungen liegt hinter uns. Diese Corona-Krise hat in gewisser Weise in vielen Bereichen auf „Reset“ gedrückt. Geschäftsführer Martin Russ resümiert über Herausforderungen und Chancen, die sich dadurch ergeben.

2020 hat die Welt gehörig durchgerüttelt. Wie würden Sie dieses Jahr für die Mobilität beschreiben?

Die Pandemie hat Mobilitätsverhalten auf den Kopf gestellt, neu und alt sind aufeinandergeprallt. Zu Fuß gehen oder Radfahren hat Höhenflüge erreicht. Gleichzeitig ist die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln drastisch zurückgegangen, die Kommunikation konnte die Angst nicht nehmen. Das hat zu einem Rückfall in alte Muster geführt. Wenn draußen das Virus als Gefahr lauert, wird der eigene PKW wieder zum vermeintlich sicheren Raum. Das zeigt, wie sehr es einerseits neue Angebote und andererseits ein Miteinander, einen Dialog auf Augenhöhe braucht. Wir müssen Mobilität ganz grundsätzlich in unsere Lebensumwelt einbetten und dabei konkret ins Tun kommen.

Wo orten Sie den größten Handlungsbedarf?

Wir brauchen Evidenz statt Bauchentscheidungen. Das hat Corona in allen Bereichen gezeigt. Daten, aber auch ihre Interpretation und ihre Zusammenhänge sind das Um und Auf. Auch, um die noch viel größere Krise aktiv zu managen: Den Klimawandel können wir nur durch gezieltes, gemeinsames Handeln über alle Lebens- und Wirtschaftsbereiche hinweg bekämpfen. Mobilität ist DAS Thema, das die Menschen am stärksten zu einem klimaneutralen Leben bewegen kann. Vor allem, weil es für jeden Einzelnen so deutlich sichtbar wird.

Wo zum Beispiel?

Das Thema Flächenverteilung wird jetzt viel intensiver diskutiert, als wir es vor kurzem noch gedacht hätten. Ein verändertes Mobilitätsverhalten führt zu einer anderen Nutzung des öffentlichen Raums und zu mehr Lebensqualität. Die Straße wird zum Lebensraum. Gerade in der Stadt kann man das sehr plakativ erfahrbar machen, deshalb rücken Städte ins Zentrum des Wandels. Durch eine Umverteilung der Flächen schaffen wir mehr Platz, zum Beispiel auch für die Infrastruktur von nachhaltigeren Mobilitätssystemen.

Damit sprechen Sie unter anderem die E-Mobilität an.

Ja, 2020 haben wir einen Boost der E-Mobilität gesehen, der sich weiter fortsetzen wird. Hier müssen wir aber Acht geben, Elektrifizierung nicht als Allheilmittel zu sehen: Auch ein E-Auto ist letztlich ein Auto, das aktuell durchschnittlich 23 Stunden am Tag parkt und nur eine Person transportiert. E-Mobilität ist ein wichtiges Service, aber nicht der alleinige Antriebsstrang für saubere Mobilität. Ein Gesamtpaket ist nötig. Die Menschen brauchen Vielfalt und Optionen. Und sie wollen verstärkt umweltbewusst unterwegs sein. Angebote wie das 1-2-3 Ticket kommen da zur richtigen Zeit.

Werden neue Angebote wie dieses aus Ihrer Sicht auch gut angenommen?

Man muss kommunizieren, sich austauschen über die Möglichkeiten, und die Menschen mitnehmen auf diesem Weg. Corona hat unsere Anpassungsfähigkeit an neue Umstände gezeigt und auch, dass wir in der Lage sind, zusammenzuhalten und gemeinsam Gutes zu tun. Im Bereich Mobilität ist meine Diagnose: Wir sind eine stabile Gesellschaft, Veränderung ist uns zumutbar. Wir können nämlich gut mit ihr umgehen. Das sollten wir uns zunutze machen, in unserer Politik und den Maßnahmen.

Aber letztlich müssen die Mobilitäts-Anbieter und Produzenten auch Geschäft machen. Wird sich das in Zukunft noch rechnen?

Natürlich bietet Veränderung der Wirtschaft Chancen. Aber auch Geschäftsmodelle müssen nachhaltig werden. Eine Wende ist ein echter Change-Prozess, auf allen Ebenen, angefangen beim Mindset. Wir werden Ideen, vielfältige Angebote und auch Technologie brauchen. Wir wollen nicht Wertschöpfung kürzen, sondern neu interpretieren. Zum Beispiel mit neuen Services, die Wert schaffen. Dafür müssen wir testen, testen, testen. Ausprobieren, lernen, weiterentwickeln. Verständnis für die Digitalisierung wecken und überhaupt erst dieses umfassende System lernen.

Digitalisierung ist also ein Treiber.

Digitale Transformation ist ein agiler, effektiver Helfer der Mobilitätswende. Dabei müssen wir aber gesellschaftliche Sektoren viel stärker miteinander vernetzen und überlegen, wie schaut unsere Arbeitswelt, die Freizeit, der neue Tourismus, das Einkaufen in Zukunft aus? Mobilität muss Teil des Erlebnisses werden. Unsere Maßnahmen lassen sich dann viel stärker aufeinander abstimmen, und wir wissen besser über ihre Wirksamkeit Bescheid. Das lässt sich dann nachvollziehbar und transparent kommunizieren.

Welchen Beitrag kann die AustriaTech auf dieser Reise leisten?

Wir sind ein erfahrener Tourguide, um bei diesem Bild zu bleiben. Wir sind ein Wegbereiter, um die Mobilitätswende zu erreichen und den Alltag umweltfreundlicher zu gestalten. Das Ziel ist und bleibt letztlich, dass wir und auch unsere Kinder ein selbstbestimmtes Leben führen können.

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