30.11.2021
Im Rahmen des EU-Projekts SHOW soll der Einsatz elektrifizierter, vernetzter sowie automatisierter Flotten im Personenverkehr und in der Logistik in (peri-)urbanen Räumen in Europa getestet werden. Österreich ist als sogenannte „Mega Site“ dabei und betreibt drei Pilot-Sites.
Im Rahmen dieser Pilot-Sites in Kärnten (Klagenfurt und Pörtschach), Graz und Salzburg (Koppl) werden bestimmte Aspekte von automatisierten Mobilitätslösungen getestet. Je nach Ziel und regionalen Gegebenheiten müssen sich die Konsortien sehr unterschiedlichen Herausforderungen stellen. Wir haben mit Joachim Hillebrand von VIRTUAL VEHICLE Research GmbH, Leiter der Pilot-Site Graz gesprochen, um Einblicke in die Tätigkeiten und den aktuellen Status des Projekts zu bekommen.
Das Forschungszentrum VIRTUAL VEHICLE beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Kernthema „Automatisiertes Fahren“. VIRTUAL VEHICLE verfügt über mehrere prototypische Fahrzeugdemonstratoren, die für die Erprobung von automatisierten Fahrfunktionen in unterschiedlichsten Umgebungen eingesetzt werden. Es war uns schon immer ein Anliegen, diese Fahrzeuge in komplexen Verkehrsflächen zu untersuchen und gerade hierbei ist das SHOW-Projekt mit seinem Fokus auf Städte eine ideale Gelegenheit. Die Pilot Site Graz bietet die außergewöhnliche Möglichkeit das Zusammenspiel mit dem öffentlichen Verkehr und der Infrastruktur zu erforschen sowie mit automatisierten Fahrzeugen anderer Partner zu interagieren.
Eine nachhaltigere Mobilität in den überfüllten Städten von heute kann nur gelingen, wenn wir die Zahl der Fahrzeuge reduzieren, ohne den Komfort für die Bürger:innen zu verringern. Und hier werden automatisierte Mobilitätslösungen große Chancen bieten. Automatisierte Fahrzeuge müssen nicht abgeholt werden, sie kommen zu den Personen. Man muss kein eigenes Auto haben, einen Parkplatz finden und nicht einmal einen Führerschein haben. Automatisierte Mobilitätslösungen können so bequem werden wie heutzutage ein Taxi, aber mit erschwinglichen Preisen für die Allgemeinheit.
In unserer Pilot Site in Graz verfolgen wir das Ziel, Fahrgäste mit automatisierten Fahrzeugen zu einem Einkaufszentrum zu bringen. Die große Herausforderung dabei ist, automatisiertes Fahren direkt dort zu erproben, wo sich viele Menschen aufhalten und andere Fahrzeuge fahren. Damit dabei keine Unfälle passieren, haben wir eine spezielle Risikoanalyse erstellt, anhand der wir adaptiv je nach Streckenabschnitt unterschiedliche Maßnahmen vorsehen. Für einen sehr riskanten Streckenteil haben wir uns auch entschieden, das automatisierte Fahrzeug durch eine:einen Sicherheitsfahrer:in lenken zu lassen und gleichzeitig die automatisierten Fahralgorithmen und Sensoren aktiv zu belassen, um Daten für realistische Situationen zu gewinnen. Dadurch können wir automatisierte Fahrten für belebte Orte in der Zukunft analysieren und vorbereiten.
Der wichtigste Meilenstein für die Pilot Site Graz ist die erstmalige automatisierte Fahrt auf der Zielstrecke. Die Vorbereitungen dazu laufen auf Hochtouren, so wurde zum Beispiel die gesamte Strecke zentimetergenau vermessen, damit sich die Fahrzeuge mit ihren Sensoren anhand der Umgebung orientieren können. Das können zum Beispiel Randsteine, Verkehrszeichen oder andere Objekte in der Umgebung sein. Zusätzlich wird die automatisierte Fahrt vorab am Computer simuliert und die Ergebnisse in die Fahrzeuge übertragen. Dabei enthalten sind Parameter wie die Ideallinie des Fahrzeugs, Abstände zu anderen Fahrzeugen, Geschwindigkeiten, sowie Ausweichstrategien für Objekte. Im Projekt SHOW beginnt mit der ersten realen Fahrt auf der Strecke die sogenannte Pre-Demo Phase, in der die Fahrzeuge weiter auf die Strecke abgestimmt werden, noch bevor Fahrgästen der Service angeboten wird.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieses Projekt wurde vom European Union’s Horizon 2020 research and innovation programme im Rahmen des Grant Agreement Nr. 875530 finanziert.