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Die IVS-Stelle Österreich: Aufgaben und Verfahren

07.02.2020

2010 hat die Europäische Kommission die IVS-Richtlinie (RL 2010/40/EU zum Rahmen für die Einführung intelligenter Verkehrssysteme im Straßenverkehr und für deren Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern) erlassen. Jeder Mitgliedstaat ist entsprechend den Delegierten Verordnungen verpflichtet, eine benannte Stelle oder Behörde für die Einhaltung der Verordnungen einzurichten. Seitens des BMK wurde hierfür die IVS-Schlichtungsstelle genannt. AustriaTech übernimmt diese Funktion als IVS-Kontaktstelle.

Intelligente Verkehrssysteme werden in der Richtlinie definiert als „Systeme, bei denen Informations- und Kommunikationstechnologien im Straßenverkehr, einschließlich seiner Infrastrukturen, Fahrzeuge und Nutzer, sowie beim Verkehrs- und Mobilitätsmanagement und für Schnittstellen zu anderen Verkehrsträgern eingesetzt werden“. Zur Umsetzung der IVS-Richtlinie wurden mehrere Delegierte Verordnungen erlassen. AustriaTech-Expertin und Leiterin der IVS-Stelle Damaris Gruber beantwortete im Interview Fragen zur Richtlinie und deren Einhaltung sowie zum Verfahren selbst.

Was beinhaltete die IVS-Richtlinie jetzt genau?

Im Jahr 2010 hat die Europäische Kommission die IVS-Rahmenrichtlinie herausgegeben, um die Implementierung von IVS europaweit als harmonisiertes Service anzustreben. Mit ihrer Hilfe soll die Möglichkeit von grenzüberschreitenden IVS-Services geschaffen werden. Dadurch, dass Delegierte Verordnungen in EU-Mitgliedsstaaten gültig sind, ist keine weitere Rechtsprechung mehr erforderlich und die Mitgliedsstaaten können sich quasi gleich der Umsetzung widmen. Im Detail beschäftigt sich die IVS-Stelle mit der sog. Prio B, Prio C und Prio E. Diese betreffen die sicherheitsrelevante Verkehrsinformationen, Echtzeit-Verkehrsinformationsdienste und Informationsdienste für sichere LKW-Parkplätze.

Das heißt die IVS-Stelle kümmert sich um die Einhaltung der Richtlinien?

Ja, das ist ihre Aufgabe. Die IVS-Stelle ist eine neutrale Stelle, an die sich Unternehmen und Infrastrukturbetreiber wenden können, wenn sie IVS-Dienste in Österreich umsetzen wollen. Niemand wird von Rechts wegen gezwungen einen IVS-Dienst anzubieten. Wenn allerdings IVS-Dienste angeboten werden, dann müssen diese den Delegierten Verordnungen entsprechen. Die IVS-Stelle unterstützt hier zum einen beratend und ist auf der anderen Seite dafür verantwortlich die tatsächliche Einhaltung zu prüfen.

Wer ist davon betroffen?

Sehr viele! Alle Unternehmen, Behörden und Organisationen, die Daten erheben oder verarbeiten oder die Services bereitstellen, die mit den in den Verordnungen aufgelisteten Datenkategorien zusammenhängen. Gemeint sind hier zum Beispiel statische Straßendaten, dynamische Straßenstatusdaten, Verkehrsdaten, Daten über sicherheitsrelevante Ereignisse aber auch statische und dynamische  Parkplatzdaten für LKWs – zurzeit allerdings nur im hochrangigen Straßennetz. Eine Erweiterung auf das niederrangige Straßennetz ist geplant.

Demnach wäre wer konkret betroffen?

Konkret betrifft das beispielsweise Straßenverkehrsbehörden, Infrastrukturbetreiber, Service-Provider, Hersteller digitaler Karten oder auch Rundfunkanbieter, die sicherheitsrelevante Meldungen aussenden.

Worin besteht der Mehrwert für Unternehmen sich bei der IVS-Stelle zu melden?

Viele schrecken sich, wenn sie das erste Mal von der IVS-Richtlinie und den Delegierten Verordnungen hören. Gesetzestexte und Richtlinien sind komplex und lassen viel Raum für Interpretation und dementsprechend auch Unsicherheiten. Die IVS-Stelle unterstützt hier durch Aufklärung. Unser Ziel ist es, eine Anlaufstelle für kompetente Beratung zu sein: Was ist im Rahmen der Delegierten Verordnung gefordert, worüber muss eine Erklärung abgegeben werden, was beinhaltet das im Detail. Wir bieten sozusagen eine Übersetzungsleistung der Delegierten Verordnungen an.

Ein konkretes Beispiel: Viele glauben, dass sie aufgrund der Delegierten Verordnungen anfangen müssen Daten zu erheben und zu digitalisieren. Aber digital bereitgestellt werden müssen nur Daten, die sowieso schon in digitaler Form vorhanden sind.

Wie funktioniert das Verfahren?

Grundsätzlich ist es am besten, sich zu Beginn einen persönlichen Termin auszumachen. Da kann dann besprochen werden, was das Unternehmen überhaupt macht, welche Daten vorhanden sind etc. Anschließend können wir Absatz für Absatz die zutreffende Delegierte Verordnung durchgehen und „übersetzen“. Wenn das geklärt ist, kann das entsprechende Formular (die sog. Self Declaration) bei der IVS-Stelle eingereicht werden. Wir bestätigen dann den Erhalt und legen es ab. Die Self Declarations werden dann noch stichprobenartig auf Vollständigkeit / Richtigkeit überprüft – sollte eine Erklärung nicht korrekt sein, informieren wir über erforderliche Nachbesserungen. Kommunikation und ein lösungsorientierter Ansatz stehen bei der Arbeit der IVS-Stelle absolut im Vordergrund. Wir wollen niemandem Steine in den Weg legen, sondern ganz im Gegenteil die Möglichkeit schaffen, dass IVS-Services mehr werden und die Durchdringungsrate sowie die Qualität gesteigert werden können. 

Wird die Arbeit der IVS-Stelle gut angenommen?

Viele sind anfangs eher skeptisch und zurückhaltend, nach der Kontaktaufnahme aber dann sehr zufrieden. National haben wir schon viele große Daten- und Servicebereitsteller erreicht. Im Hinblick auf internationale Servicebereitsteller gestaltet sich die Kontaktaufnahme momentan noch eher schwierig. Ganz grundsätzlich ist aber das Bewusstsein für die Thematik deutlich gestiegen – allerdings haben wir noch viel Arbeit vor uns.